Sonntag, 25.08.2024, 12:14 Uhr
Fledermaus-Exkursion mit Justus Jonas – eine Nachlese
Nach einem einleitenden Vortrag im Heideportal Turmhof in Rösrath ging es zu Einbruch der Dämmerung raus in die Wahner Heide, mit Batloggern auf der Suche nach den nachtaktiven Fledertieren.
Jonas Schaffrath vom BUND Köln
© Justus Siebert
Es ist diese Zeit, Ende August / Anfang September, wenn es für die Fledermäuse langsam auf den Herbst zugeht, und sie sich Winterspeck anfressen müssen, diese Zeit, in der man sie gut besten beobachten kann bei ihren nächtlichen Jagdflügen nach Insekten, wie Mücken und Nachtfaltern. Das und viele weitere Basics über diese nachtaktiven Insektenfresser gab es bei dem einführenden Vortrag von Jonas Schaffrath vom BUND Köln zu erfahren (mit freundlicher logistischer Unterstützung von Justus Siebert), z.B. dass es weltweit rund 1.500 Fledermaus-Arten gibt, die meisten in den Tropen. Kein Wunder, denn dort gibt es das ganze Jahr über genügend Insekten zu fressen, auf welche die allermeisten Arten als Nahrungsgrundlage angewiesen sind. Nur ganz wenige in Südamerika beheimatete Arten, Vampir-Fledermäuse, ernähren sich vom Blut größerer Säugetiere, welches sie nach einem gezielten Biss auflecken.
In der Wahner Heide gibt es sowas nicht, hier sind zuletzt 2016 beim GEO-Tag der Artenvielfalt 7 Fledermaus-Arten nachgewiesen worden, darunter die stark gefährdete Bechsteinfledermaus, die in NRW vom Aussterben bedrohte Mopsfledermaus und die Breitflügelfledermaus. Sicherlich gibt es hier noch mehr Arten, immerhin sind für den Raum Köln 11 Arten nachgewiesen, von rund 30 in Mitteleuropa vorkommenden Arten.
Auge zu Auge mit einer Zwergfledermaus
Zwergfledermaus, nach Katzen-Attacke in menschlicher Obhut
© Justus Siebert
Die häufigste, fast überall vorkommende Art ist die
Zwergfledermaus, und von der hatte Jonas ein Exemplar, als Überraschungsgast, mitgebracht. So konnte jede:r Teilnehmer:in dieses Tier, welches man normalerweise sonst nur als vorbei flatternden Schatten am Abendhimmel wahrnehmen kann, mal aus nächster Nähe betrachten. Das war schon Stress für das Tier, aber sozusagen der Preis dafür, dass es nach einem Katzen-Angriff mit einem zerbissenen Flügel überhaupt noch lebt, jetzt aufgepeppelt wird und einen Job als Fledermaus-Influencer (Verzeihung, Influencerin, es ist eine Sie) ausübt, wenn auch keinen selbstgewählten Job.
Die Technik machts möglich: Fledermäuse bestimmen mit Batlogger und Detektoren
Graues Langohr (links), Jonas (rechts)
© Justus Siebert
Woran erkennt man in freier Natur nun eigentlich, um welche Fledermausart es sich handelt, oder dass es sich überhaupt um eine Fledermaus und keinen noch spät unterwegs befindlichen Singvogel? Das ist für Laien anhand es Flugbildes nur schwer zu erkennen, Anhaltspunkt: Fledermäuse flattern eher in zick-zack-Bahnen umher, denen der Insekten folgend, während Vögel eher geradlinig fliegen. Besser orten lassen sie sich mit
Fledermaus-Detektoren, mit denen einige der rund 20 Teilnehmer:innen ausgestattet wurden. Damit ging es dann los, erst durch den Turmhof-Heidegarten, und dann die Straße (Kammerbroich) entlang Richtung Wahner Heide. Und tatsächlich schlugen die Detektoren aus, dazu musste man die Verursacher gar nicht sehen, dank der Technik wurden die Echolaute der Fledermäuse für uns hörbar gemacht. Welche Art das nun war, das sagte das Gerät aber nicht, dazu braucht es dann doch die Erfahrung des Experten. Oder man hat ein Experten-Gerät, den
Batlogger, der zeichnet die Laute auf, und mit entsprechender Software kann man im Nachgang sich sagen lassen, welche Art das wahrscheinlich gewesen ist.
Was uns die Detektoren verrieten über die Tiere, die da teils wenige Meter über unsere Köpfe hinweg flogen, und auch über die, die wir gar nicht sahen: es waren Zwergfledermäuse. Keine Überraschung, denn die trifft man fast immer und überall an, wenn die Voraussetzungen stimmen (kein Starkregen, warm genug, nicht zu windig). Ob auch die ein oder andere Art dabei war, das kann uns nur Jonas sagen, falls er dazu kommt, die Aufzeichnungen vom Batlogger auszuwerten.
Wo sind all die Insekten geblieben?
Trotz der eigentlich guten Rahmenbedingungen waren, auch unter den Straßenlaternen von Rösrath-Brand, kaum Insekten zu sehen, und somit auch kein Grund für Fledermäuse, hier und jetzt unterwegs zu sein. Anlaß sich Gedanken zu machen, warum das so ist: denn das Verschwinden von bis zu 80% der Insekten im Vergleich zu vor 30 Jahren hat offenbar auch vor der Wahner Heide nicht Halt gemacht. Spielt hier vielleicht auch der Flughafen Köln / Bonn eine Rolle, dessen Lichtermeer wir vom Busenberg aus sehen konnten? Stichwert Lichtverschmutzung, weil alle Nachtfalter sich dorthin haben weglocken lassen? Vor welche Herausforderungen stellt der menschengemachte Klimawandel die tierischen Bewohner:innen der Wahner Heide? Ausgiebige Forschungen dazu fehlen noch.
Fledermausschutz: was kann man tun?
Immerhin gab es Tipps von Jonas, was man im Kleinen und Großen für Fledermäuse, und andere bedrohte Arten, machen kann. Z.B. seinen Garten, wenn man denn einen hat, naturnah gestalten, ohne Kunstdünger und Umweltgifte, mit heimischen Pflanzen, speziell für Fledermäuse Nachtkerzen, welche für Nachtfalter eine Nahrungsgrundlage darstellen, wiederum eine Nahrungsgrundlage für Fledermäuse. Oder beim Hausbau darauf achten, dass man den Fledermäusen doch die ein oder andere Nische im Dachgebälk belässt, oder gar einen teil des Dachbodens als Sommerquartier. Oder Fledermauskästen selbst bastelt und anbringt. Oder sie einfach nicht vergrämt oder totschlägt, wenn sich eine mal ins Wohnzimmer verirrt hat. Aber das hat von den heute Anwesenden ohnehin niemand vor.
Seitensprung: Erdkröten und Rothirsche
In der Abenddämmerung mit Fledermaus-Detektoren unterwegs
© Justus Siebert
Aber nicht nur Fledermäuse sind uns heute unterwegs begegnet, wenn der Blick mal nicht in den Nachthimmel gerichtet war sondern auf den Boden, dann fielen uns fast alle paar Meter Erdkröten auf, die in allen Größen unseren Weg kreuzten. Keine Sensation, zählen sie doch zu den häufigsten Amphibien in unseren Breiten, aber auch ihnen begegnet man meist nur zu spätabendlicher Stunde. Zu guter Letzt funkelten uns im Licht unserer Taschenlampen die Augen einiger Rothirsche an, am Waldrand der alten Hudeweide direkt am Turmhof. Gelegenheit, sich Gedanken zu machen, warum sie gerade hier stehen, in unmittelbarer Nähe einer Streusiedlung, und nicht mitten in der Heide, beispielsweise im Geisterbusch. Hat das vielleicht damit zu tun, dass sie inzwischen wissen, dass sie hier nicht bejagt werden (dürfen)? Und warum werden sie eigentlich bejagt, als eine einheimische Art, im Naturschutzgebiet? Muss man sie wirklich „kurz halten“, wie Jäger und Förster erklären, damit sie nicht durch den Fraß von Jungbäumen eine Waldverjüngung verhindern? Weil der Wolf noch nicht wieder da ist, der das sonst übernehmen würde? Unsere Antwort auf diese Fragen: nein, so einfach ist das nicht, es ist halt komplizierter, aber in dieser Nacht, kurz nach 22 Uhr, können wir diese Fragen nicht mehr klären, vielleicht bei einer anderen Exkursion. Die Hirschbrunft steht schon an. Und die Jagdsaison.
Justus Jonas: vor dem Gewitter ist nach dem Gewitter
Alles in allem: ein informativer Abend mit Justus Jonas (Justus Siebert, Logistik / Jonas Schaffrath, Experte) rund um das Thema Fledermäuse, mit einigen Echtzeit-Erlebnissen, auch wenn die ganz spannenden Sichtungen, wie die eines Großen Abendseglers, ausgeblieben sind. Aber so ist das halt mit Naturbeobachtungen: es gehört eben auch Glück dazu, und Zeit, wer weiß, wären wir noch länger unterwegs gewesen, die große Runde durch den Geisterbusch, oder zwei Tage später, nach dem Gewitter, mit mehr Insektenflug. Aber hätte hätte Fahrradkette, und wenn man gar nicht rausgeht, dann sieht man garantiert: nix…
JS